PushUps Pro ist keine neue Produktlinie von Triumph oder BeeDees. PushUps Pro ist eine App. Wie geschaffen für die Fastenzeit vor Ostern. Die App verspricht, dass man mit ihrer Hilfe lernen kann, bis zu 100 Liegestütze zu machen. Ich bin begeistert. 7 Wochen Fastenzeit. 7 Wochen kein Alkohol. 7 Wochen keine Schokolade. 7 Wochen PushUps Pro. Toll!
Zu Beginn der Fastenzeit schildere ich am Abendbrottisch mit leuchtenden Augen meine Askese- und Fitnesspläne, während mein Mann lächelt und schweigt und die Kinder lästige Detailfragen stellen wie die nach meinem Geburtstag (der in die Fastenzeit fällt, okay, da mache ich eine Ausnahme) und dem Sinn der ganzen Aktion.
Einige Wochen später. Wir sitzen spätabends vor dem Fernseher und lassen uns von irgendeiner amerikanischen Serie berieseln, von der wir nicht mit Sicherheit sagen können, worum es geht, und hängen unseren Gedanken nach. Mit langsamen, gleichmässigen Armbewegungen führe ich mein Handy an die Nase. «Was machst du da eigentlich?» fragt mein Mann und sieht mich irritiert an. «PushUps», antworte ich. Inzwischen habe ich herausgefunden, dass man die App überlisten kann. Sie zählt die Liegestütze nicht nur, wenn man sie vorschriftsmässig macht und dabei jeweils mit der Nasenspitze kurz vor dem Boden das Handy berührt, sondern auch, wenn man andersherum das Handy mit dem Arm zur Nasenspitze führt. Wie sich denken lässt, führe ich die Bestenliste an.
«Hat nicht so geklappt mit dem Fasten in diesem Jahr, was?», fragt mein Mann vorsichtig. «Nö, nicht so richtig», murmle ich und unterbreche meine PushUps, um nach dem Weinglas zu greifen. «Will mir fast so scheinen, als ob ich nicht zur Asketin geschaffen bin». Mein Mann lacht und sagt, dass er das ohnehin nicht so wichtig findet. Das Leben ist auch so anstrengend genug.
In einem Fastenkalender lese ich, «Etwas zu kosten, was mir nicht schmeckt, kann manchmal schwerer sein als das Fasten.» Ich habe in dieser Fastenzeit von meiner Inkonsequenz, von meiner Trägheit, von meiner mangelnden Disziplin gekostet. Es hat mir nicht geschmeckt.
«Zeit, loszulassen.» 7 Wochen ohne Alkohol und Schokolade machen mich zu einem schwer zu ertragenden Griesgram. Da ist Passionszeit für die ganze Familie angesagt. «Zeit, loszulassen.» Ich werde in meinem Leben niemals 100 Liegestütze hintereinander machen können. Ich werde auch niemals wieder 60 kg wiegen. «Zeit, loszulassen.» Ich bin in der Fastenzeit auf ganzer Linie gescheitert.
Gebracht hat es mir aber doch etwas. Ich gehe erleichtert in die Osterfeiertage. Zwar nicht erleichtert um die überschüssigen Pfunde, aber erleichtert um ein Selbstbild, dem ich nicht gerecht werden kann. Ich kann dieses Selbstbild ansehen und annehmen, dass der Wunsch, solch ein Mensch zu sein – diszipliniert, zielstrebig, fit – auch ein Teil von mir ist. Er wird wohl unerfüllt bleiben.
Im Lichte der Osterbotschaft kann ich ihn fast schon belächeln. Angesichts der Verheissung Gottes, dass wir ewiges Leben haben sollen, kommen mir meine Fitness- und Askesepläne auf einmal etwas kleinkrämerisch vor. In einem Kirchenlied heisst es: «Gott, weil er gross ist, gibt am liebsten grosse Gaben, ach, dass wir Armen nur so kleine Herzen haben.» An Ostern werde ich die grossen Gaben Gottes bestaunen und mich an ihnen erfreuen. Und ich habe den festen Vorsatz, am Osterfest keine einzige Liegestütze zu machen, noch nicht einmal eine vorgetäuschte. Man wird mich wohl auf der PushUps-Bestenliste vermissen.
Dafür steht mein Name auf einer ganz anderen Liste. Im Lukas-Evangelium heisst es: «Freut euch darüber, dass eure Namen im Himmel aufgeschrieben sind.» (Lk 10, 20)