Zum Inhalt springen

Lenken und lenkenlassen

In den Ferien habe ich vor einem Supermarkt diesen Einkaufswagen entdeckt. Als unsere Söhne klein waren, gab es nur Einsitzer und somit war ein Riesentheater garantiert. Wer darf den Einkaufswagen durch das Geschäft lenken? Alle Vorschläge «zur Güte» konnten das Problem nicht lösen. «Ihr könnt euch doch abwechseln» - Geheul. «Diesmal lenkt der eine, beim nächsten Einkauf der andere» - Geheul. Und schliesslich: «Dann lenkt eben gar keiner, wir nehmen den ganz normalen Einkaufswagen» - Geheul.

Was hätte ich nicht alles für einen Zweisitzer gegeben! Friedlich hätten die beiden vor sich hin gelenkt, mal ganz ruhig und souverän mit einem Ellenbogen auf der Seitentür, dann wieder rasant und schnittig um die Kurven. Sie hätten vielleicht gar nicht bemerkt, dass es nicht ihrem Fahrkönnen geschuldet war, dass sie nicht ins Brotregal gedonnert sind und auch nicht mit Höchstgeschwindigkeit am Eierregal vorbei, sondern dass eine ganz andere den Wagen gelenkt hat. Sie hätten sich auch bestimmt nicht gewundert, dass der Wagen bemerkenswert ausgeglichen durch die Regalreihen gleitet, obwohl beide wie wild in unterschiedliche Richtungen steuern.

Während ich diesen Gedanken nachhänge, muss ich schmunzeln. Bin ich nicht manchmal selbst wie so ein Kleinkind? Ich steure durch die Kurven des Lebens, manchmal souverän, manchmal rasant (und manchmal haarscharf am Abgrund), und meine, dass ich all die Wendungen und Haarnadelkurven dank meines Fahrkönnens gemeistert habe. Das Versagen – unangenehm. Das Gelingen – toll! Dank meiner rasanten Fahrweise bemerke ich gar nicht, dass eine andere Macht den Wagen lenkt und dass sie das über weite Strecken bemerkenswert ausgeglichen tut.

Wenn die Fahrt doch einmal brenzlig wird und ich mir Sorgen mache, nützt es folglich gar nichts, noch wilder am Lenkrad zu reissen. Sinnvoller wäre es, mich umzuwenden und mit der lenkenden Macht zu reden, die tatsächlich etwas bewirken kann. Was nicht unbedingt heisst, dass es dann immer grad in die Richtung geht, die ich mir vorstelle.

Der Mensch legt sich im Herzen zwar seinen Lebensweg zurecht, aber der HERR lenkt seine Schritte. (Sprüche 16, 9)

Weiter

Möchten Sie regelmässig von mir hören?